Es gibt private Tagebücher und öffentliche berühmter Persönlichkeiten, Tagebücher die jemand schrieb, um sich selbst zu verstehen und welche, in denen der Schreiber schon mit der künftigen Öffentlichkeit kokettierte. Dieses Tagebuch ist beides nicht … Die schreibenden Frauen sind Veranstaltungsbesucherinnen, aktuelle, frühere oder ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, ideelle Unterstützerinnen, frühere Praktikantinnen, ausstellende Künstlerinnen, Beratene und Beratende… Fast jede der Frauen ist schon in mehrere dieser Vereins-Rollen geschlüpft oder wird künftig vielleicht noch andere ausfüllen.
Leseprobe:
24. Mai, Autorin: Dr. Marion Gabur
Ein Morgen wie jeder, wir erwachen nach dem Weckermahnen – meine ständige ungebetene Untermieterin Multiple Sklerose (MS) und ich. Mein erster Gedanke: Guten Morgen, Tag! Guten Morgen, Leben! Ich freu mich auf euch! Und mit dem Erwachen ist sie auch gleich zur Stelle – Freundin Spastik. Sie begrüßt mich wie jeden Morgen mit der ersten Bewegung sofort freudig, indem sie meinen Körper mit einer Streckspastik beglückt, die mir für kurze Zeit den Atem nimmt, aber das Gefühl gibt, überhaupt noch über Beinmuskulatur zu verfügen. Blitzartig überlege ich, worauf man sich an diesen x-beliebigen Dienstag freuen könnte, um ja nicht zur Ruhe kommen zu müssen.
Nicht Zeit haben zu müssen für Überlegungen zum eigenen Befinden! Nicht umsonst hat mir Gott oder wer auch immer eine Krankheit geschickt, mit der ich nicht mehr weglaufen kann, die mich zwingt, langsamer zu gehen, jeden Augenblick viel bewusster auskosten, jede Bewegung viel überlegter planen zu müssen. Aber ich möchte diese Erfahrung nicht mehr missen, die ich meiner Begleiterin MS verdanke, vieles deutlicher sehen, klarer hören, bitterer schmecken, sensibler fühlen, tiefer verstehen zu dürfen. Auch an diesem Dienstag will ich der Schwäche die Stirn bieten …
Das Buch „52 Dienstage“ könnten Sie hier komplett lesen, denn es ist vergriffen:

